— STADT (BE)SCHREIBEN

Die Zeugin der Wenden

10belenvictor

Frau F.
Lokale Expertin

wurde in Weißensee geboren, aber jetzt lebt sie in Schöneiche in Brandenburg. Trotzdem hat sie immer in ihrem Kosmetiksalon in der alten Frankfurter Allee gearbeitet, seit August 1989, kurz vor dem Mauerfall. Ihr Arbeitsort ist ungefähr 23 km von ihrem Wohnort entfernt, darum fährt sie immer mit dem Auto. Der Fahrtweg dauert 30 Minuten, aber es gibt  immer Probleme mit den Parkmöglichkeiten. Dann muss sie  längere Zeit nach einem Parkplatz suchen. Wenn sie über die Unterschiede zwischen Weißensee und Lichtenberg nachdenkt, sieht sie ihren Geburtsort so ähnlich wie ihren Arbeitsort, nur etwas grüner, mit mehr Spielplätzen und Parks.
 aussenansicht

Das Geschäft ist ungefähr 80 qm groß. Es ist von Montag bis Freitag von 10 Uhr bis 20 Uhr geöffnet und bleibt mittwochs geschlossen. Frau F. hat  50 bis 60 Kunden pro Woche, von denen  80% aus Lichtenberg kommen. Sie kennt fast alle ihre Gäste persönlich und verbringt durchschnittlich eine halbe bis eine Stunde mit jedem. Das kommt  darauf an, was gewünscht wird, denn sie bietet  verschiedene Behandlungen an: Man kann zum Beispiel Massagen, Kosmetikbehandlungen, Haarentfernungen, Maniküren, Pediküren oder Augenbehandlungen bekommen.

Vier Behandlungsräume verteilen sich um den Eingangsraum herum: Pediküre, Maniküre sowie Kosmetikbehandlungen und mehr. Es gibt einen fünften Raum, der privat ist.
innen

"Hier in Lichtenberg? Qualitäten?” (lacht) “Nee, gar keine!"

Frau F. ist von allen Ladenbesitzern mit am längsten in der Alten Frankfurter Allee und hat gesehen, wie sich die Umgebung entwickelt hat. Als sie den Kosmetiksalon eröffnete, war Lichtenberg ein für ostberliner Verhältnisse luxuriöser Ort, aber es gab danach verschiedene Probleme und Veränderungen in der Gegend. Aber ihr Stammpublikum hatte sie zum Teil schon vor der Wende.

"Dann kam die Wende und ich musste nochmal bei Null anfangen, und irgendwann hat man nicht mehr den Mut gehabt, irgendwo hin zu gehen, wo es besser ist. Das war dann ein bisschen festgefahren. Wir hatten auch Jahre gehabt, wo viele Kunden verstorben sind; das ist ein Problem."

Frau F. findet, dass es weniger Cocktailbars, Spielhallen und Spielcasinos, aber mehr Spielplätze geben sollte im Gebiet. Da könnten sich dann vielleicht auch nettere Geschäfte ansiedeln, eine andere Klientel anziehen und das Preisniveau anheben. Wenn sie irgendwo anders hingehen könnte, würde sie ihren Laden gern in der Kollwitzstraße haben.

"… Prenzlauer Berg: mir gefällt die Kollwitzstraße, und drumherum der Kiez."

Ihrer Meinung nach kann man am Prenzlauer Berg anders arbeiten, weil das Preisniveau höher ist und das Verständnis für die Luxus- und Wellnesswelt in Lichtenberg fehlt. Man kann daher, glaubt sie, am Prenzlauer Berg mit weniger Arbeit mehr Geld verdienen. Die Atmosphäre des Publikums ist auch anders, denn gibt es mehr Spiel- und Parkplätze. Da geht sie gern selbst zum Friseur oder einkaufen.

Belén de Pedro, Victor Martos
Studenten der UDK
Belén und Víctor sind Architekturstudenten der ETSAV, in der Nähe von Barcelona, Spanien, aber dieses Semester sind sie für einen Erasmus-Austausch an der UdK Berlin. Sie haben immer in Barcelona gelebt, deswegen war Lichtenberg ein Stadtviertel, das am Anfang total unbekannt für sie war. Dort haben sie niemals gelebt und haben keine Verbindung mit dem Gebiet. Darum finden sie es interessant, etwas mehr als Klischees von dem Kiez zu erfahren.